Mittwoch, 5. November 2014

WICHTIG ...



WICHTIG

Manchmal, wenn du in deiner Bude hockst und kaum ein Geräusch hörst, vielleicht mal ein Husten von nebenan oder ein vorbeifahrendes Auto, kannst du dir überhaupt nicht vorstellen, dass dort draußen noch sieben Milliarden andere Menschen umherwuseln. Es erscheint dir vollkommen unglaubwürdig, wie solch eine gigantische Menge von Individuen überhaupt Platz finden kann auf so einem kleinen Planeten, und dabei noch Raum für Stille erhalten bleibt.
Und noch viel verwirrender ist für dich die Tatsache, dass du überhaupt existierst und hier sitzt, und du fragst dich, warum du dir solche Gedanken machst, denn sicher bist du damit nicht allein und folgerst, dass eigentlich niemand weiß, was er hier eigentlich soll und dass alles Wirken und Leben vielleicht vollkommen unmotiviert ist und zu nichts führt.




Stell dir mal vor, wie viele Menschen im Verlauf der Geschichte schon gestorben, wie viele Schicksale über die Erde geweht sind und was all dies letztlich ausgemacht hat. Natürlich erinnert man sich an gewisse Leute wie William Shakespeare oder Julius Caesar, aber nimm mal an, sie wären einfach vergessen worden. Hätte doch überhaupt nichts ausgemacht, und alles wäre wie immer, oder falls anders, würde es niemand merken. Und wenn es keine Autos gäbe, säßen wir halt immer noch auf Pferden, und ohne Einstein hätten wir anstatt E-Mails unser altes Briefpapier. Ist doch einerlei.




Plötzlich bekommst du eine Krankheit, und der Arzt sagt dir, dass es verdammt ernst ist und nun die medizinische Maschinerie in Gang gesetzt wird, um dich kleines Wesen zu retten. Oder du hast Pech und wirst mit deinen Problemen ignoriert. Oder du ignorierst die bipolare Störung deines Nachbarn und hilfst nur noch jeder dritten alten Dame über die Straße. Du spendest nichts für hungernde Kinder, sondern lieber für Robbenbabys, und meldest dich eines Tages sogar bei deinem besten Freund nicht mehr, schreibst stattdessen auf Facebook mit einem Japaner, den du nie treffen wirst.
Macht das alles wirklich etwas aus, oder macht es wirklich gar nichts aus, oder nur in einem mikroskopisch kleinen Rahmen, den du irgendwie aufwerten musst, um nicht verrückt zu werden?




Wer erdreistet sich eigentlich zu entscheiden, was wichtig ist, und was nicht? Müssen wir ständig und immer wieder neu in einem völlig unmotivierten Universum einen Pfahl in den Boden schlagen? Ist das nicht das gleiche, als wenn man in einen Ozean spuckt? Nun, vielleicht bringt es was, wenn sieben Milliarden ihre Pfähle schlagen oder spucken.
Aber dann haben wir einen Boden aus sieben Milliarden Pfählen oder einen Ozean aus Spucke, und mit welchem Recht behaupten wir, dies sei ein entscheidender Unterschied?




Du beschließt nun, ein neues Handy zu kaufen und dir die Haare zu färben. Irgendwas muss ja. Leben ist Veränderung.
Schließlich wird im Fernsehen deine Lieblingsserie wiederholt, und du freust dich. Diese kleine Freude erscheint dir realer als alle Fakten, mit denen du täglich torpediert wirst und die dir als bedeutend verkauft werden.
Deine Freude schwillt so sehr an, dass du sie mit irgendwem teilen musst, also postest du etwas dazu. Und als du feststellt, dass es keinen interessiert, erkennst du, dass dies in die gleiche Kategorie fällt wie diese Angewohnheit von Leuten, ihr Mittagessen zu fotografieren und ihren Hund als einzig wahren Freund lobpreisen.
Und hätten wir Einstein nicht vergessen, könnten wir sagen, dass immer und überall alles relativ sein wird. Also mach dir mal keine Gedanken über die Dinge, die andere Menschen wichtig finden.
Deine Serie fängt gleich an.




Wöchentliches Film-Experiment: Der Vlog auf YouTube. Klick auf das Bild zur Playlist.






2 Kommentare:

  1. Irgendwie wird doch immer , egal von wo , und von wem, über einen entschieden, und man kann sich oftmals gar nicht dagegen wehren, oder man kann es nicht einmal ignorieren, auch wenn man sich die größte Mühe gibt, dagegen anzukämpfen. Nur man alleine für sich weiss doch was richtig ist, oder? Dennoch wird einem immer etwas über gestülpt, und so ist man einfach nicht mehr frei.

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  2. Die Freiheit im eigenen Kopf zu etablieren, ist in der Tat eine der größten Herausforderungen.

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