Donnerstag, 25. Juli 2013

Fatum – Eine Fortsetzungsgeschichte. TEIL IV


 
"Das Gesöff kommt aus Griechenland. Ein bisschen bitter, aber gut für den Kopf."
Marisca kostete. So einen Wein hatte sie noch nie getrunken. Ziemlich gewöhnungsbedürftig.
"Fühl dich ganz wie zu Hause. Wir leben hier vollkommen transparent und ohne viele Geheimnisse. Schlaf wo du willst. Niemand wird dich verscheuchen. Du musst aber bedenken, dass die Anderen ebenso schlafen wo sie wollen. Verstehst du?"
Sie sah sich die Männer an. Es befanden sich keine ausgesprochenen Scheusale unter ihnen. Und sie erkannte auch den Mann wieder, der sie im Auftrag von Pictor aufgesucht hatte und den Preis für einen Coitum Analum nicht zahlen wollte.
Die Dame neben Pictor sah Marisca mit kalter Missgunst an. Da er die beiden Frauen nicht miteinander bekannt machte, folgerte Marisca, dass es sich um eine höher gestellte Person handelte.
Marisca fragte:
"Warum bin ich hier? Was ist meine Aufgabe?"
"Deine Aufgabe ist es zu atmen, zu essen, zu schlafen und kacken zu gehen. Mit einem Wort: Lebe!"
Plötzlich stimmten die Anderen mit ein und riefen:
"Vale! Vale! Vale!"
Wein wurde nachgeschenkt, Fleisch von Sklaven in kleine Stücke geschnitten und Obst geschält. Marisca ließ sich einen Teller mit Apfelstücken reichen.
Während sich Pictor mit seiner edlen Dame unterhielt und die anderen entspannt miteinander plauderten, überdachte Marisca die Lage. Das Haus und seine Gestaltung machten auf sie einen guten Eindruck. Es gab keine versteckten Räume oder Einzelzimmer wie in Licinas Haus. Alles war offen und vertrauenerweckend. Und gerade das beunruhigte sie auch. Es musste einen Haken an der Sache geben. Wenn Pictor sich wirklich als der dankbare Abnehmer ihrer Geheimnisse herausstellte, erwartete er nun einen Vertrauensbeweis. Sie musste ihm irgendetwas anbieten, und damit dachte sie nicht an ihre körperlichen Reize.
Pictor zog sich mit der arroganten Dame in ein leeres Zimmer zurück, das sich auf der anderen Seite des Innenhofs befand.
Der Wein ließ Mariscas Lider schwer werden, und da man ihr gesagt hatte, dass jeder schlafen konnte wo er wollte, schlummerte sie auch direkt auf der Kline ein.
Als sie die Augen aufschlug, lag ein Mann neben ihr. Er tastete schon eine Weile an ihr herum, knetete ihre Brüste und fasste ihr zwischen die Beine. Sein Alter war schwer zu schätzen, doch älter als dreißig.
"Darf ich?" fragte er freundlich. Marisca, noch zu müde um sich zu sträuben, sagte träge:
"Na gut, aber schön höflich bleiben“. Der Mann drehte Marisca um. Es dauerte nicht lange, und danach schlief Marisca noch ein Stündchen weiter.

"Ich habe die Malerwerkstatt von meinem Vater übernommen. Dort unten arbeiten fünfzehn geschulte Sklaven und ein freigelassener Meister, mein wahrer Stolz. Wenn wir Aufträge von Villen erhalten, kundschaften meine Leute die Sicherheitslage aus und erstatten mir Bericht. Wenn es mir gefällt, wird ein lausig bewachtes Haus überfallen. Natürlich geschieht das nur, wenn es sich um Häuser außerhalb des Esquilin handelt. Ich sage dir, in fünf Jahren werde ich, wenn alles gut geht, auf das Marsfeld ziehen."
Marisca schmiss sich eine Traube in den Mund und fragte:
"Wusstet ihr dass die Giftküche der Licina in der ganzen Stadt einzigartig ist?"
"Habe ich gehört. Aber niemand weiß wo sie sich befindet."
"Na in ihrem Privathaus. Im Erdgeschoss. Der Raum ist nun ungenutzt, jetzt wo sie tot ist."
"Ich dachte immer sie befände sich in irgendeinem verborgenen Kellergewölbe bei den Christengräbern."
"Ammenmärchen. Sie hat solche Gerüchte absichtlich in Umlauf gebracht."
"Das Privathaus der Licina ist tiefster Aventin. Wenn man uns dort sieht, gibt es eine Menge Ärger."
"Und die Giftküche der Licina gibt eine Menge Geld."
"Das wäre eine wertvolle Information. Wenn sie der Wahrheit entspricht.“
„Es gibt sogar das Gerücht, die Giftküche befände sich unter der Spina des Circus Maximus. Ihr könnt ja dort zuerst nachsehen." sagte Marisca frech.
"Nur aufgrund des Hinweises einer Lupa kann ich so einen Raubzug nicht verantworten. Außerdem könnte es auch eine Falle sein."
"Wie kann ich euer Vertrauen gewinnen? Wem muss ich das Mentula mit meiner Spucke salben, um meine Seriosität unter Beweis zu stellen?"
"Mit deinen Qualitäten als Lupa wirst du nicht weit kommen. Sag, vermissen dich die Aventiner?"
"Vielleicht fragen sie sich was aus mir geworden ist."
"Was ist mit Stolo?"
"Er hat nie ein besonderes Interesse an mir gezeigt, aber er hat mich immer gut behandelt."
"Vertraut er dir?"
"Warum? Was habt ihr vor?"
"Ich habe mich nur gefragt, warum ich das Risiko eingehen sollte, den Aventin zu betreten. Wäre es nicht klüger, jemanden vom Aventin auf den Esquilin zu locken?"
"Habt ihr vor, Stolo zu töten?"
"Wo denkst du hin? Aber ich weiß dass er mit den reichen Syrern Geschäfte macht. Diese Verbindungen zum Osten rühren noch von der Zeit unter Caracalla her. Und mit dem neuen Princeps kommen immer mehr von diesen Kameltreibern in die Stadt. Sie nisten sich jenseits des Tiber ein, in Reichweite zum Aventin, und wir im Osten der Stadt sehen zu, wie diese Bastarde immer reicher werden.“
Maisca erkannte Pictors aufrichtiges Interesse, den Rivalen zu schaden.
„Meine liebe Marisca, deine Kenntnisse sind unzureichend und wenig vertrauenswürdig. Was soll ich mit dir anfangen, wenn du nicht mal als Köder taugst? Angenommen ich schicke dich auf eine Lockmission auf den Aventin, wird Stolo kaum einen Grund finden, sich wegen dir in die Höhle des Löwen zu begeben.“
„Also schickt ihr mich wieder auf die Straße?“
Pictor sah das junge Mädchen an.
„Möchtest du mal erleben wie es ist, nicht ständig die Beine breit zu machen?“
Marisca fühlte sich gedemütigt. Sie gab keine Antwort.
„Geh doch mal in die Werkstatt und schau, ob du dich nützlich machen kannst. Die meisten der Sklaven dort sind schwul oder kastriert.“
„Ich soll in der Malerwerkstatt arbeiten?“
„Ist das etwa eine Zumutung für dich? Du kannst jederzeit wieder auf die Straße. Ich zwinge dich zu nichts.“
Marisca war ziemlich überrascht. Aber auch neugierig.



. - Nächter Teil Freitag, 02082013 -

Donnerstag, 18. Juli 2013

Fatum – Eine Fortsetzungsgeschichte. TEIL III


Mit brennender Neugier darauf zu erfahren, was der Esquiliner von ihr wollte, hob sie die Hand und bedeutete ihren Freiern, sich noch einen Augenblick zu gedulden.
Pictor machte heute einen etwas freundlicheren Eindruck als beim ersten Mal.
"Setz dich." sagte er sanft.
Marisca sah sich ihn nun etwas genauer an. Er war nicht unansehnlich, vielleicht dreißig Jahre alt und ohne Makel.
"Du hast meinem Freund neulich zeigen wollen, dass du in ein besseres Haus gehörst. Das tut man entweder aus Dummheit, oder weil es wahr ist. Doch wenn es wahr ist, was machst du dann hier?"
"Ich musste fliehen. Niemand hat mir geholfen. Dies hier schien mir die sicherste Zwischenlösung zu sein."
"Und die Hauptlösung? Was ist die Fracht in deinem Köpfchen wert? Willst du Geschäfte machen oder gerettet werden?"
"Ich leide keine Not. Doch wenn man Dinge weiß, die eine Lupa normalerweise nicht wissen sollte, möchte man sie so gut wie möglich veredeln."
"Wie kann ich sicher sein, dass dein Wissen überhaupt etwas wert ist? Gut, ich weiß dass du der Schwuchtel Stolo gehört hast. Und dieser Häuserbrand auf dem Transtiberim, wie ist das passiert?"
"Wie so etwas nun mal passiert. Jemand stellt eine Öllampe an der falschen Stelle ab, alle schlafen und wachen in einem Inferno auf."
"Es war also kein Anschlag von außerhalb?"
"Nein."
"Und Stolo? Hat er dich freigelassen?"
"Er hat mich einer jungen Dame verschenkt, die ebenfalls bei dem Brand umgekommen ist."
"Das macht dich noch lange nicht frei, Mädchen. Eigentlich müsstest du der Familie dieses Mädchens gehören."
"Eigentlich sollte ich gar nicht hier sein. Eigentlich sollte ich im Haus meiner Eltern wohnen und einen lieben Mann heiraten. Doch meine Eltern wurden von Aventinern umgebracht, und mich hat man in eine Lupa verwandelt, um die Schulden meines Vaters abzuarbeiten. Und jetzt sitze ich hier mit dir, einem Esquiliner, der bestimmt eine ganze Weile auf mich gewartet hat und sicher nicht nur wegen meiner Schönheit gekommen ist. Also wieso sollte ich nicht in froher Hoffnung sein?"
Marisca warf einen Blick über ihre Schulter. Die beiden Männer verließen die Taverne. Ihre Ungeduld hatte gesiegt.
"Verdammt!" sagte Marisca. Pictor lachte:
"Tja, so schnell kann die Hoffnung dahin sein. Und jetzt hörst du mir zu. Heute Nacht wirst du verhaftet. Ich habe es bereits arrangiert. Du kannst bis dahin fliehen, wenn du willst. Deshalb sage ich es dir. Doch bleibst du hier, holen dich die städtischen Vigiles."
„Die Vigiles? Aber wieso?"
"Hab keine Angst. Es hat alles seine Richtigkeit. Falls du noch Hoffnung hegst und die Furcht im Zaume hältst, dann wartest du die Nacht ab. Bist du aber nur ein kleines Fotzengroßmaul, das zu dumm ist die richtigen Gelegenheiten zu erkennen, dann schleich dich hinaus auf die Straße und lass dich nie wieder auf dem Esquilin sehen."
Marisca glaubte zu verstehen was Pictor ihr sagen wollte. Doch die Sache mit der Verhaftung schien ihr ein bisschen mysteriös.
Pictor stand auf.
"Überleg es dir. Der Tag ist noch lang."
Er ließ Marisca allein am Tisch sitzen und verließ die Taverne. Der Wirt rief ihr zu:
"Ich dachte du und die anderen wolltet heute einen freien Tag! Wenn du schon hier rumhängst, kannst du auch arbeiten."
Doch es saßen nicht besonders viele Leute in der Taverne. Die beiden Sklaven, die die Gäste bedienten, hatten kaum zu tun. Marisca sprang auf und lief auf die Straße, sah nach links, nach rechts, doch von den beiden Reisenden war nichts mehr zu sehen.
Sie bot sich den Gästen der Taverne feil und fragte ungeniert, ob jemand mit ihr aufs Zimmer gehen wollte. Ein kleinwüchsiger Mann um die vierzig willigte ein und erleichterte sich über Mariscas Leib, für drei Asse.
Bis zum Abend fertigte sie noch zwei weitere Freier ab und legte sich anschließend zum Schlafen ins Bett.
Tief in der Nacht, als die Taverne bereits geschlossen war, klopfte jemand an ihr Bett. Sie wachte auf und erblickte zwei Wächter der Vigiles-Kohorte über sich.
"Bist du die, die man Marisca nennt?"
"Ja."
"Dann kommst du mit."
"Wohin?"
Marisca stieg aus dem Bett. Als die Männer den nackten Leib der Marisca sahen, drückten sie das Mädchen zurück auf die Matratze. Beide schaufelten ihre Männlichkeiten aus den Röcken hervor und grunzten Marisca auffordernd an. Sie liebkoste die beiden Mentulas mit den Händen und fragte die Wächter nach ihren Wünschen.
Beide ließen ihre Brustpanzer an, während der eine sich auf den Rücken legte und Marisca über sich hocken ließ, um sie interfemineum zu penetrieren, während der andere hinter Marisca das dunkle Tor benutzte. Die Vigiles gingen nicht gerade zimperlich mit der jungen Lupa um, doch solch ein Gebaren brachte sie nicht in Unruhe.
Nach dem Intermezzo der Voluptas zerrten die Männer Marisca aus dem Bett und gaben ihr ihre Kleider. Sie zog sich hastig an und stopfte ihren spärlichen Besitz in einen Beutel. Sie glaubte nicht daran, demnächst wieder hierher zurück zu kehren.
Vor der Taverne stand ein zweispänniges Essedum. In der Nacht war es erlaubt, mit den Wagen durch die Straßen zu fahren. Und alle Händler und Lieferanten taten dies auch, weshalb in Rom ein ruhiger Schlaf luxuriöser schien als ein gutes Bad.
Marisca fuhr mit den Vigiles gen Osten, in die Richtung der Trajan-Thermen, vorbei an der Moneta, der Münzprägung, und der Waffenkammer des Flaviums. Hinter dem Anwesen des alten Consuls Bruttius Praesens erstreckte sich ein kleiner Häuserblock, und das Essedum wurde angehalten. Ein Kerkergebäude war nirgends zu sehen, und Marisca kombinierte, dass die Vigiles im Auftrag der Esquiliner handelten. Im Auftrag von Pictor.
"Geh ins Haus." sagte einer der Wächter knapp.
Der Wachmann des Anwesens schien sie schon zu erwarten. Er öffnete ihr.
Marisca trat ins Innere und fand sich in einem kleinen Innenhof wieder. Das Haus erinnerte sie ein wenig an den Privatsitz von Licina und Stolo, drüben beim Tiber, doch dies war deutlich kleiner. Sie erkannte, trotz des wenigen Lichts, dass sich im Erdgeschoss irgendeine Art Werkstatt befand. Hier unten gab es keine Wohnräume. Durch den Außenflur ging Marisca eine Treppe hoch, und hier im Obergeschoss brannten in den Zimmern viele Feuer. Sie trat ein und erkannte, dass die um den Innenhof quadratisch angeordneten Räume locker miteinander verbunden waren. Die Möblierung zeugte von einem erlesenen Geschmack, und die Wände zeigten viele schöner Bilder. Szenen mit Frauen und Kriegern, Tieren und Pflanzen. Es schien überhaupt keine abgeschlossenen Räume zu geben. Irgendwie gefiel ihr das. Und endlich traf sie auch einen Bewohner. Es war ein Mann Mitte zwanzig, der schon ein wenig angeheitert schien.
"Ey, was für 'ne scharfe Rima!" bellte er.
"Ist dies das Haus von Pictor?"
"Ach, du bist die Neue. Ja, das ist Pictors Haus, hast'e das Studio nicht gesehen?"
"Dann ist er tatsächlich Maler, wie es sein Name sagt?"
"In zweiter Generation. Los, stell dich ihm vor, er ist irgendwo da drüben."
Der Mann wies mit flattriger Hand zu den hinteren Räumen. Marisca ging durch eine kleine Bibliothek, einen Raum mit einem großen Bett, und fand dahinter im rechten Winkel ein gemütliches Triklinium mit Speisesofas und Tischen. Etwa sechs Leute lagen auf den rot gepolsterten Klinen, tranken und sprachen leise miteinander. Marisca entdeckte Pictor, der neben einer edlen Frau um die zwanzig lag. Und er erblickte sie.
"Marisca. Hat also die Hoffnung gesiegt?"
"Scheint so."
"Komm, leg dich hin und koste von diesem herrlichen Widderfleisch."
Ein Sklave zog ihr die Schuhe aus, als sie sich hinlegte. Sofort wurde ihr ein Becher Wein eingeschenkt.
So freundlich hatte man sie seit Ewigkeiten nicht mehr empfangen.




- Nächster Teil Freitag, 26.07.2013 - 


Donnerstag, 11. Juli 2013

Fatum – Eine Fortsetzungsgeschichte. TEIL II


Später, als der Abend bereits die Stadt übernahm, kam ein zwielichtiger Mann in die Taverne, fragte den Wirt nach der netten Bedienung und gab ihm sogar eine Personenbeschreibung. Er wurde in Mariscas Zimmer geführt, und nach einer kurzen Verhandlung über den Preis ließ sich der Mann von Marisca fellieren, wobei sie sich darüber freute, dass er gewaschen war.
Nach der Eruption stellte ihr der Mann, der sich sehr zufrieden zeigte, einige Fragen. Woher sie kam und wie der Name ihrer Eltern lautete.
Marisca zögerte. Als der Mann jedoch gestand, von Pictor geschickt worden zu sein, erzählte sie ihm, einige Zeit in den Diensten der Aventiner Bande gestanden zu haben und Zeugin beim Tod der Giftmischerin Licina gewesen zu sein.
"Stolo und Licina waren meine Herren. Ich wohnte in ihrem Laden an der Area Splenis und in dem Privathaus am Armilustrium. Ich kenne Stolos Freunde und weiß mit welchen Leuten er Handel treibt."
"Dann bist du nicht jene, von der neuerdings so viel erzählt wird?"
"Wen meint ihr?"
"Von dem jungfräulichen Ding, das beim 'Marathon der Lisisca' von so vielen Wichten durchgebohnert wurde."
Marisca bekam einen kleinen Stich ins Herz. Nein, sie war es nicht. Das war ihre Freundin Crispina gewesen, deren Asche nun in irgendeiner Grabanlage ruhte. Doch dies ist eine andere Geschichte ...
Marisca antwortete klug:
"Für den Marathon der Lisisca bin ich viel zu kostbar. Das hätten die Aventiner mir nie angetan."
"Und dennoch verrätst du sie nun?"
"Ich verrate niemanden. Und es gibt niemanden dem ich etwas schulde."
"Du bist nicht dumm. Doch sollte ich dir, nur für alle Fälle, ein Ohr abschneiden."
"Das tut ihr nicht. Das wäre ein Dienst für den Aventin, und hier sind wir auf dem Esquilin."
"Das ist richtig. Auf dem schöneren Hügel Roms.“
Der Mann machte sich an seinem Geldbeutel zu schaffen und fragte:
"Kriege ich für drei Asse einen Coitum Analum?"
"Für fünf."
"Vier, bei Apollo."
"Fünf. Interfemineum bekommt ihr für drei. Doch die dunkle Tür öffnet sich nur für fünf. Weil ihr es seid. Andere bezahlen sechs."
"Aus dir spricht der Hochmut des Aventin. Hier, ich gebe dir zwei Asse für deinen Mut. Aber der Voluptas fröne ich doch lieber mit einem Kind vom Esquilin."
Er gab ihr die zwei Kupfermünzen, grobkantig und verdreckt.
"Danke." sagte Marisca enttäuscht.
"Du hörst wieder von uns." Der Mann verließ das Zimmer.
Als Marisca noch im Haus an der Area Splenis gewohnt hatte, konnte man sich ohne Zeitverlust dem Badevergnügen hingeben, da sich gleich gegenüber die Thermen des Caracalla befanden. Doch hier, auf dem nordöstlichen Esquilin, in der Via Merulana, musste man fast zwanzig Minuten laufen, um die Thermen des Trajanus zu erreichen, die in der Nähe des Amphitheatrum Flavium lagen, der größten Arena der Welt. Im Süden gab es zwar noch die Lateran-Thermen, doch die waren nicht so pompös.
Gemeinsam mit zwei anderen Mädchen, die für die Taverne als Bedienungen und Huren arbeiteten, machte sich Marisca auf den Weg. Der Komplex der Trajan-Thermen war nach dem des Caracalla der zweitgrößte in der Stadt.
Die drei Frauen hielten sich eine Stunde dort auf, kehrten auf den Esquilin zurück und machten es sich in den Gärten der Maia unter schattigen Bäumen bequem, aßen Obst und tranken den erfrischenden Posca.
Eine der Frauen hieß Melina, wie der Honig. Sie war Anfang zwanzig, und ihr Hals wurde von einer langen Narbe entstellt, die von einem Mordversuch herrührte. Lactuca besaß keinen solchen Makel, ebenso wie Marisca. Lactuca war die Tochter des Vorbesitzers der Taverne und mit ihren 24 Jahren die Älteste der Drei.
Sie verstanden sich recht gut, doch Marisca blieb vorsichtig und wollte sich nicht so schnell wieder auf eine neue Freundschaft einlassen.
In ihrem Kopf wuchs ein Plan. Es kam für sie keinesfalls in Frage, sich mit Haut und Haaren den Esquilinern zu unterwerfen. Die Informationen, die sie über Stolo und die anderen Aventiner besaß, mussten wohl dosiert und geizig verkauft werden. Anschließend wollte sie Rom verlassen und auf eine Insel gehen, vielleicht Sicilia, vielleicht Korsika.
"Seht mal da, die beiden Kerle" sagte Melina und winkte mit dem Kopf. Zwei junge Männer, die abseits des Grüns standen, hatten ein Auge auf die Drei geworfen. Man bestimmte Lactuca dazu, mit ihnen zu verhandeln. Sie ging herüber zu den gutbürgerlich wirkenden Herren, während Melina und Marisca die Unterhaltung beobachteten. Es dauerte nicht lange. Lactuca kam zurück und sagte zu Marisca:
"Sie wollen nur dich. Alle beide. Sie sagen sie haben genug Geld."
"Wenn ich sie in der Taverne ficke, kann ich gleich wieder die Hälfte abgeben. Was meinst du, würde es sie stören wenn ich ihnen hier in einem Gebüsch einen ablutsche?"
"Ich glaube die wollen eine Symplegmata zu dritt. Das kannst du hier im Freien nicht machen."
"Verflucht. Hast du an ihnen irgendwelche Siegelringe gesehen?"
"Nein. Und ich bin mir sicher dass sie nur auf der Durchreise sind. Ich glaube denen springt die Milch ganz von selbst aus dem Arbor. Im Handumdrehen hast du sie gemolken."
"Dann sag ihnen sie sollen in der Taverne auf mich warten."
Lactuca tat es, erklärte den beiden Männern den Weg und kam wieder zurück.
Melina sagte:
"Lactuca und ich sind ihnen wohl schon zu alt."
Lactuca senkte den Kopf. Sie wusste dass sie nicht mehr lange die Festanstellung in der Taverne halten konnte. Bald würde der Wirt sie hinauswerfen, und ihr bliebe dann nur noch ein stinkendes Lupanar in der Subura oder am Circus. Die Zukunft sah düster aus.
Als sie Marisca ansah, überfiel sie bitterer Neid. Die Siebzehnjährige hatte noch alle Möglichkeiten und war in der Lage, die Männer um den Finger zu wickeln.
Marisca beschloss, die Männer nicht zu lange warten zu lassen, während die anderen beiden noch ein wenig im Park entspannten.
Sie erkannte die Beiden sofort wieder, als sie die Taverne betrat. Der Wirt gab bereits ein Zeichen, dass jemand auf sie wartete, doch entgegen ihrer Annahme meinte er dabei nicht die beiden Reisenden, sondern einen Mann, der in einer dunklen Nische vor einem Becher Landwein saß.
Es war Pictor.



- Nächster Teil Freitag, 19.07.2013_

Freitag, 5. Juli 2013

Fatum – Eine Fortsetzungsgeschichte. TEIL I


 
ROM
220 nach Christus (973 A.U.C.)
 
 
Marisca verdiente an diesem Tag genug Geld, um sich eine Mahlzeit und ein Töpfchen Olivenöl leisten zu können.
An der Via Merulana, nah beim Grabmahl der Helena, betrat sie eine Taverne und verwickelte den Wirt in ein Gespräch. Sie einigte sich mit ihm, das Geld von den Herrenbesuchen zu teilen, wenn sie als Gegenleistung ein Hinterzimmer beziehen durfte.
Nach einer ersten Nacht, in der sie ein paar Betrunkene empfangen hatte, kaufte sie sich Salben und Schminke, verführte einen Schmuckhändler auf der Saepta Julia, der ihr ein paar Ohrringe und Kettchen überlies, und begann, in ihrem neuen Leben Fuß zu fassen.
Sie fühlte sich wohl dabei, nicht länger den Verbrechern Stolo und Licina dienen zu müssen.
Regelmäßig dachte sie an ihre toten Eltern und an ihren Bruder und fragte sich, ob sie Marisca wohlwollend oder gar missbilligend vom Elysium aus beobachteten.
Um zusätzliches Geld zu verdienen, half Marisca in der Taverne als Bedienung aus und nutzte diese Tätigkeit auch, um auf sich und ihre Reize aufmerksam zu machen.
Eines Tages beobachtete sie zwei Männer, die sich an einem Tisch einander gegenüber saßen und anscheinend ein Geschäft abwickelten. Einen der Männer kannte sie. Es war ein Aventiner, Angehöriger der Bande des gleichnamigen Hügels. Hier jedoch befand man sich auf dem Esquilin.
Als der Aventiner seinem Tischgenossen ein Säckchen Geld überreichte, erkannte Marisca um was es ging. Der andere Mann nahm das Geld und gab dem Aventiner eine schallende Ohrfeige, was dieser mit stoischer Ruhe über sich ergehen ließ. Einige Gäste schauten, reagierten jedoch nicht.
Der Wirt rief:
"He, hier wird sich nicht geprügelt!"
"Niemand prügelt sich hier." sagte der geschlagene Aventiner. Marisca beobachtete nun, wie der Schläger seinem Gegenüber dreist in die Nase kniff. Auch dies erduldete er ohne Murren. Schließlich zog der Mann mit einem widerlichen Geräusch Speichel aus seinem Rachen hoch und spuckte dem Aventiner eine volle Ladung ins Gesicht. Glänzend und schaumig. Der Wirt, von dieser Szene ziemlich irritiert, ahnte nun was das für Männer waren und versuchte, sie zu ignorieren.
"Du kannst jetzt gehen." sagte der Schläger dem Aventiner. "Wenn du jemanden triffst, der dir weiteren Zoll abverlangt, nenne meinen Namen. Ich heiße Pictor. Hier ist mein Zeichen. Hast du verstanden, Arschloch? Pictor heiße ich.“
Er gab dem Aventiner eine kleine Holzmünze, in der ein kleines Symbol eingeritzt war.
"Zeig sie wenn du musst. Es ist der Beweis, dass du bereits gezahlt hast."
Der Aventiner nahm die Holzmünze und verstaute sie in seinem Beutel. Dann stand er auf und verließ ohne einen Gruß die Taverne. Der andere Mann, Pictor, begann das Geld zu zählen und kippte sich den Rest aus dem Becher des Aventiners in seinen. Doch es war nur sehr wenig. Das gab Marisca die Gelegenheit, sich ins Spiel zu bringen:
"Darf ich euch noch etwas einschenken, Herr?"
"Nein. Ich muss bei Verstand bleiben ..."
Als Marisca ihm in die Augen schaute, sprach ihr Blick eine deutliche Sprache. Der Mann reagierte desinteressiert, da er wusste, dass ihn Marisca ins Hinterzimmer locken wollte. Plötzlich sagte sie kühn:
"Wieso habt ihr meinen Freund vom Aventin nicht härter gezüchtigt? Das hätte ich gerne gesehen."
Pictor tat so, als hätte er Marisca nicht gehört und sagte:
"Die Juden da drüben an dem Tisch möchten, dass du ihre Becher auffüllst."
Er stand auf, bedachte Marisca mit einem letzten prüfenden Blick, und ging.
 
 
 
- Zweiter Teil am nächsten Freitag, den 12.07.2013 -

Dienstag, 2. Juli 2013

Für Dich

Für Dich

In einer kleinen Nussschale sammelt sich das, was Dein Leben ausmacht, auf einem gewaltigen namenlosen Ozean ...
Dieses kleine Leben, dieses Etwas, dass Du schmeckst und in dem Du Dich finden kannst. In dem Du Taten vollbringen und lieben und zeugen kannst,oder einfach nur sein brauchst, vielleicht nicht mal von jemandem bemerkt oder beachtet, nicht anerkannt oder aufgezeichnet. Dreh Dich ein Mal herum und schlafe, stehe auf und erblicke den Horizont, sieh hinab auf Deine Füße, die Dich nie hinfort tragen, sondern nur begleiten in Deiner kleinen Kreisbewegung innerhalb der Zeit, die Dir geschenkt worden ist. Für Dich allein. Um Dinge zu Dir zu lassen und sie wieder auf den Weg zu schicken, zu sähen und etwas beim Wachsen zu beobachten, dessen Größe Du nie erfahren wirst. Was misst Du Bedeutung bei? Hast Du eine Bedeutung? Verleihst Du Dir einen Sinn, oder hat der Sinn für Dich eine andere Größe als Du selbst?
Die kleine Nussschale hat kein Leck und lässt Dich leicht auf dem gewaltigen Ozean dahin schaukeln …
Hast Du jemanden getroffen, der etwas ähnliches erlebt hat? Erzählt Ihr Euch vom Leben und wetteifert Ihr um Eure Erfahrungen? Nimm ihn an die Hand, berühre ihn und sage ihm, dass es schön war, ihn getroffen zu haben. Dass Ihr beide etwas gemeinsam habt und keiner von Euch mehr Bedeutung hat als der andere, ungeachtet der Leistungen oder Erlebnisse.
Lasst Euch los und erlaubt dem Leben, Euch zu verlassen. Ihr habt es erlebt, gelebt, gespürt in jedem ewigen Augenblick. Ganz klein, ganz vergessen, aber Euer eigen, Euer Leben.
Der Ozean umarmt Euch, löst Euch auf, und es war gewesen, dieses Leben. Klein, groß, für Euch.

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http://globio.wix.com/guidoahner

Selbstportrait (Bleistift+Tinte)