Freitag, 21. März 2014

LORD DELUXE – Aus der Nase eines Killers TEIL IX


LORD DELUXE – Aus der Nase eines Killers 
 TEIL IX

Das Haus war zuvor von einem deutschen Schlagersänger gemietet worden und hatte nun zum zweiten Mal als Unterschlupf für Kronzeugen gedient.
Linklater stand im Wohnzmmer und betrachtete die falschen goldenen Schallplatten an der Wand, mit denen der Sänger vor seinen amerikanischen Gästen prahlen wollte. Linklater sprach natürlich kein deutsch und und konnte Titel wie „Ich hasse meine Liebe zu Dir“ und „Sei kein Schwein, gib mir Wein“ nicht lesen.
Diesmal hatte der Killer einen der FBI-Agenten leben gelassen. Er gehörte zu den Beamten des Periphär.-Teams, das draußen vor dem Haus postiert war. Der arme Mann, ein gerade mal 27 jähriger New-Be, der gerade seinen Abschluss bei der Akademie gemacht hatte, war bereits in psychologischer Betreuung. Es war ihm kein einziger verdächtiger Laut an die Ohren gedrungen, als er draußen an der Hintertür Wache gestanden hatte. Im Innern des Hauses bot sich das übliche Bild, ähnlich wie in L.A., doch diesmal wurden keine Nachbarn getötet, da es hier zu viele davon gab. Alles hatte leise und schnell geschehen müssen. Der Kronzeuge Benito Estevez und sechs Bundesagenten lagen tot in Wohnzimmer und Flur. Dem Kronzeugen wurde post mortem explizit in die Genitalien und das Rektum geschossen.
„Agent Drexel, sie haben zuvor unsere Analyse studiert. Gibt es irgendwelche signifikanten Abweichungen zu dem Fall in L.A.?“
„Mein lieber Kollege, nicht die Abweichungen sollte uns beschäftigen, sondern die Gemeinsamkeiten. Haben sie eigentlich noch keine Nanosekunde darüber nachgedacht, dass es in ihrem Laden vielleicht eine undichte Stelle gibt?“
Der Agent aus Denver besaß eine einschüchternde Wirkung auf den schmächtigen Linklater.
„Ja, aber sagen sie es nicht zu laut. Wir haben natürlich darüber nachgedacht. Aber es gibt keine potentiellen Verdächtigen für einen Maulwurf.“
„Die gibt es nie, sie Idiot.“
Der Agent aus Denver drehte sich um und ließ eine Flatulenz in Linklaters Richtung fahren. Ihm war schon bei seiner Ankunft aufgefallen, dass die Kollegen in dieser Stadt auffallend häufig Gase abließen. Linklater besaß eine schelmische Phantasie und stellte sich vor, diese Geräusche und Gerüche einmal offiziell für die Nachwelt festzuhalten und zu vergleichen. Es gab bestimmt Gemeinsamkeiten, Übereinstimmungen, die auf Geschichte und Charakter einer Person schließen lassen konnten.
Linklater fuhr nach der Untersuchung in sein Hotel und bestellte sich eine große Peperoni-Pizza, von der er sich einige Gasbildungen erhoffte.
Gegen neun Uhr abends bekam er einen Anruf vom Büro in Denver. Er sollte bitte schleunigst vorbeikommen, weil sich einige wichtige Fragen aufgedrängt hatten.
Ohne sich weiter darüber Gedanken zu machen, machte sich Linklater auf den Weg und wurde eine halbe Stunde später in Gewahrsam genommen. Er stand in dem Verdacht, mit den Auftraggebern der Morde in Verbindung zu stehen. Nun, vollkommen erschlagen von dieser Anschuldigung und allein in einer Zelle sitzend, wurde ihm alles klar: Benson war der Informant. Nur er konnte es sein, und Benson hatte dafür gesorgt, dass nun er, Linklater, im Visier der Ermittlung stand.

Benson schrieb eine E-Mail an den Lord, an dieselbe Adresse, die das Foto mit dem schönsten Polpel der Welt, den, wie Benson ihn nannte, Lord Deluxe, geschickt hatte:
„Du bist so erhaben über allem, nicht wahr? Jedenfalls fühlst Du Dich so. Wir schaffen uns unsere Illusionen, jeder für sich selbst, jeder wie ein Stern in dieser Galaxis. Hast Du schon gewusst, dass jeder Stern für ein Menschenleben steht? 100 Milliarden Sterne für 100 Milliarden Leben, die auf Erden schon gelebt wurden. Aber bedenke, vielleicht ist das ganze Universum eine Illusion. Und wenn dem so ist, sind die Bedeutungen, die wir den Dinge geben, gar nicht weniger wert, sondern bleiben so wie sie sind, unangetastet. Und wir können damit die Menschen beeinflussen.“

Benson klickte auf „Senden“ und ging ins Wohnzimmer.
Man erwartete Gäste. Bensons Frau war gerade unterwegs, um ihre Schwester, ihren Mann und deren zehnjährigen Sohn Christopher vom Flughafen abzuholen. Benson hatte die Aufgabe, den Braten im Ofen im Auge zu behalten. Er hatte Tags zuvor das Foto des „Lord Deluxe“ in einem Copyshop auf DIN- A2 aufziehen lassen und einen goldfarbenen Rahmen gekauft. Nun hing das Bild wie ein Kunstdruck im Esszimmer an der Stirnwand, und Benson richtete einen der kleinen Halogenleuchten darauf, damit es voll zur Geltung kam. Eine schöne Überraschung sollte es werden …

Letzter Teil am Freitag, den 28.03.2014



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