Donnerstag, 11. Juli 2013

Fatum – Eine Fortsetzungsgeschichte. TEIL II


Später, als der Abend bereits die Stadt übernahm, kam ein zwielichtiger Mann in die Taverne, fragte den Wirt nach der netten Bedienung und gab ihm sogar eine Personenbeschreibung. Er wurde in Mariscas Zimmer geführt, und nach einer kurzen Verhandlung über den Preis ließ sich der Mann von Marisca fellieren, wobei sie sich darüber freute, dass er gewaschen war.
Nach der Eruption stellte ihr der Mann, der sich sehr zufrieden zeigte, einige Fragen. Woher sie kam und wie der Name ihrer Eltern lautete.
Marisca zögerte. Als der Mann jedoch gestand, von Pictor geschickt worden zu sein, erzählte sie ihm, einige Zeit in den Diensten der Aventiner Bande gestanden zu haben und Zeugin beim Tod der Giftmischerin Licina gewesen zu sein.
"Stolo und Licina waren meine Herren. Ich wohnte in ihrem Laden an der Area Splenis und in dem Privathaus am Armilustrium. Ich kenne Stolos Freunde und weiß mit welchen Leuten er Handel treibt."
"Dann bist du nicht jene, von der neuerdings so viel erzählt wird?"
"Wen meint ihr?"
"Von dem jungfräulichen Ding, das beim 'Marathon der Lisisca' von so vielen Wichten durchgebohnert wurde."
Marisca bekam einen kleinen Stich ins Herz. Nein, sie war es nicht. Das war ihre Freundin Crispina gewesen, deren Asche nun in irgendeiner Grabanlage ruhte. Doch dies ist eine andere Geschichte ...
Marisca antwortete klug:
"Für den Marathon der Lisisca bin ich viel zu kostbar. Das hätten die Aventiner mir nie angetan."
"Und dennoch verrätst du sie nun?"
"Ich verrate niemanden. Und es gibt niemanden dem ich etwas schulde."
"Du bist nicht dumm. Doch sollte ich dir, nur für alle Fälle, ein Ohr abschneiden."
"Das tut ihr nicht. Das wäre ein Dienst für den Aventin, und hier sind wir auf dem Esquilin."
"Das ist richtig. Auf dem schöneren Hügel Roms.“
Der Mann machte sich an seinem Geldbeutel zu schaffen und fragte:
"Kriege ich für drei Asse einen Coitum Analum?"
"Für fünf."
"Vier, bei Apollo."
"Fünf. Interfemineum bekommt ihr für drei. Doch die dunkle Tür öffnet sich nur für fünf. Weil ihr es seid. Andere bezahlen sechs."
"Aus dir spricht der Hochmut des Aventin. Hier, ich gebe dir zwei Asse für deinen Mut. Aber der Voluptas fröne ich doch lieber mit einem Kind vom Esquilin."
Er gab ihr die zwei Kupfermünzen, grobkantig und verdreckt.
"Danke." sagte Marisca enttäuscht.
"Du hörst wieder von uns." Der Mann verließ das Zimmer.
Als Marisca noch im Haus an der Area Splenis gewohnt hatte, konnte man sich ohne Zeitverlust dem Badevergnügen hingeben, da sich gleich gegenüber die Thermen des Caracalla befanden. Doch hier, auf dem nordöstlichen Esquilin, in der Via Merulana, musste man fast zwanzig Minuten laufen, um die Thermen des Trajanus zu erreichen, die in der Nähe des Amphitheatrum Flavium lagen, der größten Arena der Welt. Im Süden gab es zwar noch die Lateran-Thermen, doch die waren nicht so pompös.
Gemeinsam mit zwei anderen Mädchen, die für die Taverne als Bedienungen und Huren arbeiteten, machte sich Marisca auf den Weg. Der Komplex der Trajan-Thermen war nach dem des Caracalla der zweitgrößte in der Stadt.
Die drei Frauen hielten sich eine Stunde dort auf, kehrten auf den Esquilin zurück und machten es sich in den Gärten der Maia unter schattigen Bäumen bequem, aßen Obst und tranken den erfrischenden Posca.
Eine der Frauen hieß Melina, wie der Honig. Sie war Anfang zwanzig, und ihr Hals wurde von einer langen Narbe entstellt, die von einem Mordversuch herrührte. Lactuca besaß keinen solchen Makel, ebenso wie Marisca. Lactuca war die Tochter des Vorbesitzers der Taverne und mit ihren 24 Jahren die Älteste der Drei.
Sie verstanden sich recht gut, doch Marisca blieb vorsichtig und wollte sich nicht so schnell wieder auf eine neue Freundschaft einlassen.
In ihrem Kopf wuchs ein Plan. Es kam für sie keinesfalls in Frage, sich mit Haut und Haaren den Esquilinern zu unterwerfen. Die Informationen, die sie über Stolo und die anderen Aventiner besaß, mussten wohl dosiert und geizig verkauft werden. Anschließend wollte sie Rom verlassen und auf eine Insel gehen, vielleicht Sicilia, vielleicht Korsika.
"Seht mal da, die beiden Kerle" sagte Melina und winkte mit dem Kopf. Zwei junge Männer, die abseits des Grüns standen, hatten ein Auge auf die Drei geworfen. Man bestimmte Lactuca dazu, mit ihnen zu verhandeln. Sie ging herüber zu den gutbürgerlich wirkenden Herren, während Melina und Marisca die Unterhaltung beobachteten. Es dauerte nicht lange. Lactuca kam zurück und sagte zu Marisca:
"Sie wollen nur dich. Alle beide. Sie sagen sie haben genug Geld."
"Wenn ich sie in der Taverne ficke, kann ich gleich wieder die Hälfte abgeben. Was meinst du, würde es sie stören wenn ich ihnen hier in einem Gebüsch einen ablutsche?"
"Ich glaube die wollen eine Symplegmata zu dritt. Das kannst du hier im Freien nicht machen."
"Verflucht. Hast du an ihnen irgendwelche Siegelringe gesehen?"
"Nein. Und ich bin mir sicher dass sie nur auf der Durchreise sind. Ich glaube denen springt die Milch ganz von selbst aus dem Arbor. Im Handumdrehen hast du sie gemolken."
"Dann sag ihnen sie sollen in der Taverne auf mich warten."
Lactuca tat es, erklärte den beiden Männern den Weg und kam wieder zurück.
Melina sagte:
"Lactuca und ich sind ihnen wohl schon zu alt."
Lactuca senkte den Kopf. Sie wusste dass sie nicht mehr lange die Festanstellung in der Taverne halten konnte. Bald würde der Wirt sie hinauswerfen, und ihr bliebe dann nur noch ein stinkendes Lupanar in der Subura oder am Circus. Die Zukunft sah düster aus.
Als sie Marisca ansah, überfiel sie bitterer Neid. Die Siebzehnjährige hatte noch alle Möglichkeiten und war in der Lage, die Männer um den Finger zu wickeln.
Marisca beschloss, die Männer nicht zu lange warten zu lassen, während die anderen beiden noch ein wenig im Park entspannten.
Sie erkannte die Beiden sofort wieder, als sie die Taverne betrat. Der Wirt gab bereits ein Zeichen, dass jemand auf sie wartete, doch entgegen ihrer Annahme meinte er dabei nicht die beiden Reisenden, sondern einen Mann, der in einer dunklen Nische vor einem Becher Landwein saß.
Es war Pictor.



- Nächster Teil Freitag, 19.07.2013_

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