Donnerstag, 6. Februar 2014

LORD DELUXE – Aus der Nase eines Killers Teil III




LORD DELUXE – Aus der Nase eines Killers

Teil III


Misses Paradopoulos erstarrte. Genau an diesen Mann hatte sie eben gerade gedacht. Es war ein unglaublicher Zufall.
„Der Lord … Oh … Du Schuft, Du hast Dich nicht mehr gemeldet ...“
„Es tut mir Leid, meine Blume. Und wenn ich sage dass es mir Leid tut, dann nicht nur das, sondern auch noch viel mehr. Bist Du allein?“
„Ja, ja, ganz allein.“
„Gut. Ich wollte mich in aller Form bei Dir entschuldigen, dass ich Dich so schändlich behandelt habe.“
„Okay, gut, äh, akzeptiert. Wo bist Du?“
„Das tut nichts zur Sache. Sei still. Ich habe Dir etwas zu sagen, meine hellenische Blume. Ich habe Dich damals, vor zwei Monaten, nicht zufällig angesprochen. Ich wollte mit Dir ins Gespräch kommen, weil ich Dich benutzen musste.“
„Benutzen?“
„Durch Dich habe ich alle Informationen bekommen, die ich brauchte, um in das Haus von dem Kerl zu gelangen, der nicht vor Gericht erscheinen durfte. Ich weiß, dass Du mir nie bewusst etwas Sensibles erzählt hast, aber es hat gereicht.“
„Was sagst Du denn da? Hast Du etwas mit diesem Anschlag zu tun?“
„Richtig. Ich war es. Ich bin heute dort gewesen. Ich habe alle umgebracht. Es war sehr schön gewesen, aber nicht ganz so schön wie mit Dir. Das habe ich Dir sagen wollen, dass ich über das reine Kalkül hinaus etwas für Dich empfinde. Das solltest Du wissen.“
„Ja, komisch, mir ist gar nicht bewusst, dass Du mich so ausgequetscht hast …“
„Ich habe dafür gesorgt, dass es niemand zurück verfolgen kann, denn ich habe Deine Unterlagen verschwinden lassen. Du solltest nicht auf meiner oder auf der Liste von irgendwem anderen stehen. Und so hast Du überleben können. Hat Dich das FBI in die Mangel genommen?“
„Das ist zu hart gesagt. Ich wurde befragt, aber ich habe Kaffee und Doughnuts bekommen. Sie waren sehr nett. Und einer hat alle halbe Stunde das Fenster geöffnet.“
„Das freut mich zu hören, meine Blume des Olymp.“
„Sag mal, dann bist Du gar kein Künstler, wie Du erzählt hast?“
„Kein solcher, keiner von der Art, wie Du glauben solltest.“
„Also mehr ein Tötungskünstler?“
„Das ist ein wunderschönes Wort, meine Liebe.“
„Das ist alles so neu für mich. Und Skrupel oder so was hast Du nicht?“
„Nur wenn ich jemanden wie Dich belügen muss. Ich würde Dich gerne wiedersehen. Was hältst Du davon?“
„Das wäre sehr schön, mein Lord. Wann und wo?“
„Wie Du willst. Aber vielleicht erkennst Du mich nicht wieder. Ich habe nun sehr kurzes Haar. Und eine andere Nase.“
„Nasen sind mir egal, und Haare wachsen nach. Mensch, ich bin so glücklich dass Du mich angerufen hast ...“
„Du bist also nicht sauer?“
„Ich sollte wohl, und das mit dem Töten ist ja auch so eine Sache, die man zumindest mal diskutieren könnte.“
„Wenn man jemanden will, dann ist es wichtig, ihn mit all den Dingen anzunehmen, die ihn ausmachen, auch wenn sie einem zunächst fragwürdig vorkommen. Wie wär's morgen um acht Uhr im Angelo's? Ich bestelle einen Tisch.“
„Kannst Du Dich denn ganz frei bewegen? Musst Du nicht fürchten, geschnappt zu werden?“
„Sei unbesorgt. Ich bin Profi. Ich weiß was ich tue.“
„Das habe ich gemerkt. Musstest Du denn unbedingt alle im Haus umbringen?“
„Habe ich ja nicht. Du hast überlebt.“
„Stimmt! Super dass Du an mich gedacht hast. Aber mein Leben ist ja nicht so viel wert wie das eines FBI-Agenten.“
„Sprich nicht so von Dir. Du bist ein wundervolles menschliches Wesen. Nur etwas verschüchtert und Dir selbst entfremdet.“
„Hm. Wenn Du so etwas sagst, klingt es immer so absolut, so einfach und klar. Also morgen um acht im Angelo's. Ich werde dort sein, aber bitte nicht lachen, ich habe nur ein recht billiges Kleid.“
„Was schert mich das Kleid bei solch einem Inhalt? Am liebsten hätte ich, Du würdest nackt kommen, aber wir wollen ja nicht unnötig auffallen.“
„Du bist mir ein Schelm, mein Lord. Oh, ich freu mich so!“
Der Lord legte auf. Chariklia Paradopoulos kippte ein Glas Scotch und schüttelte ihr Haar. Nun wollte sie nicht mehr masturbieren, nein, aufheben wollte sie sich für diesen Mann, der jenseits von Gut und Böse seine Macht über Leben und Tod verinnerlicht hat und dem gemäß zu handeln vermochte. So wie es jeder Mann tun sollte, so wie es früher war. So wie das Leben im Angesicht großer Männer wahrgenommen wurde. So wie Julius Caesar dem Leben gegenüber gestanden hat und was ihn in Gallien gewinnen ließ und ihm die Chuzpe verleihen konnte, den Rubicon zu überschreiten ...


„Ja Sir, einfach nach hause gegangen. Ich schätze, sie bleibt dort. Sollen wir ihr Telefon anzapfen?“
„Ach Scheiße, dafür brauche ich einen Gerichtsbeschluss. Diese dumme Hausfrau hat doch keine Ahnung, was da heute passiert ist. Ziehen Sie ihre Leute ab, Kostic. Das führt zu nichts mehr.“
„Sind Sie sicher?“
„Hinterfragen Sie nicht meine Befehle, sondern Ihre Frisur. Ich bin zu Hause, Kostic, ich will nicht mehr angerufen werden.“
Benson legte auf.
„Schatz, willst Du nun den Auflauf oder die Fleischmedaillons?“ fragte seine Frau, die noch immer die rosa Lockenwickler in den Haaren stecken hatte.
„Die Medaillons wären mir angenehmer. Danke. Aber mir wäre es auch lieb, wenn Du mich nicht mehr auf das Essen ansprechen würdest. Ich wollte ein wenig an meinem Buch arbeiten.“
„Ja, das verstehe ich. Du bist so idealistisch … Wenn ich nur mal erfahren würde, über was Du schreibst, aber Du bist so verschwiegen … “
„Deshalb bin ich zum FBI gegangen.“
Benson lächelte schütter und ging zu seinem Schreibtisch. Vor ein paar Monaten hatte die fixe Idee von ihm Besitz ergriffen, ein Buch zu verfassen, obwohl er noch nie irgendwelche schriftstellerischen Ambitionen gehabt hatte. Die Idee war ihm während einer Ermittlung gekommen und behandelte ein Thema, über das es noch keine seriöse Abhandlung gab.
Er hatte bereits 47 Fotos von Interessenten in seine engere Wahl zusammengetragen, die seinem Aufruf „Suche schönsten Popel der Welt“ gefolgt waren. Man sollte die Objekte stets neben einem Zentimetermaß oder Lineal ablichten, gemeinsam mit einem kleinen Text über die Entstehung und Konsistenz.
Beispiele unter zwei Zentimeter Länge wurden von Benson nicht mehr berücksichtigt. Sein bestes Foto hatte ihm Bernhard Gumble eingeschickt und zeigte ein astförmiges, Objekt mit einer Länge von 5, 7 cm, das wie ein steinzeitliches Werkzeug aussah und die Phantasie beflügelte. Anbei sandte Gumble ein Bild von seiner vollkommen normalen Nase und einer Häkelnadel, mit der er den Fund zu Tage gefördert hatte.
Benson spielte noch mit ein paar möglichen Titeln für das Buch herum:
„Popel - Was dort wird, wo wir atmen“
„Popel – Spiegel unserer Umwelt“
„Popel - Kaleidoskop der zwei Pforten“
„Popel – Das Tabu und seine Phänomenologie“




Nächster Teil Freitag, 14.02.2014

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