Donnerstag, 13. März 2014

LORD DELUXE – Aus der Nase eines Killers TEIL VIII (von X)


LORD DELUXE – Aus der Nase eines Killers 
 TEIL VIII (von X)

Benson saß zu Hause und arbeitete an seinem Buch. Er hatte schon 150 Seiten zusammen, und so langsam stellte sich bei ihm ein Gefühl des Stolzes ein. Er, der damals auf der Akademie vor jeder schriftlichen Arbeit Schweißausbrüche bekommen hatte, schrieb nun wie ganz selbstverständlich ein Buch, darüber hinaus über ein Thema, über das es so gut wie keine seriöse Literatur gab. Was jedoch seine Euphorie ein wenig trübte, war dieser Anruf von Linklater. Man hatte Misses Paradopoulos erschossen in einem Hotelzimmer aufgefunden. Nun wurde die ganze Ermittlung wegen ihrer eventuellen Verbindung zu dem Mullinger-Massaker wieder aufgewärmt.
Benson gesellte sich zum Abendessen zu seiner perfekt ondulierten Frau und aß mit ihr Nackensteak mit Kroketten und einer tristen braunen Soße.
Dann bekam er einen neuen Anruf. Man hatte nun die Wohnung von Paradopoulos durchsucht und in ihrem Gefrierfach ein Tupperdöschen mit einem seltsamen Objekt gefunden. Linklater äußerte den Verdacht, es sei irgendein totes Tier oder eine seltene Frucht, doch Benson bestand darauf, den Fund selbst in Augenschein zu nehmen und fuhr sofort zum Büro. Er hatte sogar vergessen, seine Hausschuhe durch normale Straßenschuhe einzutauschen.
Ja, der Popel in Paradopoulos' Gefrierschhrank war schön, aber nicht zu vergleichen mit dem Meisterwerk auf dem Foto des Lords. Im Büro wusste niemand, dass er an diesem Buch schrieb, und er wollte es auch nicht an die große Glocke hängen. Es würde sowieso unter einem Pseudonym erscheinen.
Benson gab grünes Licht, den bereits halb aufgetauten Popel zu entsorgen. Auf dem Weg nach Hause überlegte er, ob er den Lord anrufen sollte, hatte aber Angst davor, nachdem er ein paar Stunden zuvor seine Mailbox abgehört hatte. Man musste die Drohungen dieser Leute ernst nehmen, egal ob man Direktor beim FBI war oder gar Präsident der Vereinigten Staaten.
Ob Washington und Lincoln schöne Popel gehabt hatten? Vielleicht besonders Schöne in ihren schwierigsten Momenten als Staatsgründer und Präsident? Nach besonders harten Entscheidungen und bedeutenden Reden … Vielleicht hatte Lincoln nach Gettysburg einen besonders Markanten zu Tage fördern können. Länglich, grimmig verbogen, klebrig und mit Kanten, die vielleicht ein kleines Nasenbluten verursacht hatten.
Benson wusste nun, dass Paradopoulos Bücher über außergewöhnliche Dinge gesammelt hatte, auch über große Persönlichkeiten. Wie sah ein Popel von Julius Caesar aus? - Von einem wie ihn, weit gereist, acht Jahre an gallischer Front und schließlich den Geruch Roms in seinem größten Triumph einatmend? Ein Popel wie ein Onager, wie die Schildkrötentaktik der Legionäre ...
Churchills Nase bot durchaus genug Platz für eindrucksvolle Exemplare. Wobei ein Popel von beispielsweise Marcel Proust nur jämmerlich und cremig daher kommen würde, weil der arme Mann jahrelang im Bett verbracht hatte. Benson dachte darüber nach, wie die Popel von Sträflingen aussahen, oder die von Soldaten auf Kuba. All das hätte schon längst untersucht werden müssen.
Und er wusste immer noch nicht, ob Tote Popel bilden. Selbst er, der ständig mit Toten zu tun hatte, immer Kontakt zu forensischen Medizinern pflegte, war darüber nie in Kenntnis gesetzt worden.
So vieles lag noch im Unbekannten, und der stellvertretende FBI-Direktor Benson wusste um den Lord und verschaffte ihm seine Aufträge, verriet seine Behörde für eine gar nicht mal so hohe Summe Geld, gerade genug, um ihn gierig zu halten.

Den Weg nach Denver nutzte der Lord, um seine Mutter zu besuchen. Sie war für ihre 83 Jahre sehr rüstig und half gerne bei jungen Eltern im Haushalt mit und verdiente sich ein paar Dollar dazu.
Sie liebte es, französisch zu kochen und bereitete ihrem Sohn ein fantastisches Ratatouille, für das allein es sich schon lohnte, die fröhliche alte Dame zu besuchen.
„Timmy, ich glaube du brauchst einen neuen Rollkragenpulli. Der da ist ja schon völlig speckig. Den kriegst du nicht mehr sauber.“
„Du, das soll so aussehen, das ist so ein neuer Trend, der-“
„Ach erzähl mir doch keine Märchen. Du immer mit deinen Lügengeschichten. Bist du immer noch Vertreter? Das tut dir nicht gut, du brauchst eine Frau, etwas Festes. Du siehst immer so unglücklich aus.“
„Ich bin zufrieden, Ma. Mach dir keine Sorgen.“
„Zufrieden sind auch Kühe auf der Weide. Ich sprach vom Glücklichsein.“
„Ich arbeite daran, Ma.“
„Hast du immer noch dieses Problem mit deinem Harndrang? Nie sprichst du darüber.“
„Nein, ich habe mich behandeln lassen, Ma. Es ist alles in Ordnung. Das Ratatouille ist köstlich. Aber ich schaffe nicht alles ...“
„Ich packe dir was davon ein. Es freut mich doch, wenn es dir schmeckt.“
„Das ist lieb, danke.“
„Hast du nicht auch was für mich?“
Der Lord lächelte geheimnisvoll und fischte eine kleine Aluverpackung aus seiner Brusttasche. Seine Mutter gab einen spitzen Laut von sich:
„Du hast daran gedacht! Timmy, du bist der beste Junge der Welt! Du ahnst nicht, wie glücklich du mich damit machst ...“
Der Lord – Timmy – ging zu seiner Mutter zur anderen Seite des Esstisches, gab ihr einen Kuss auf die Wange und überreichte ihr die Aluverpackung. Die Mutter, entzückt wie ein junges Mädchen, faltete die Verpackung auf und blickte auf einen etwa vier Zentimeter langen, von bräunlich zu hellgelb schattierten Globetrotter, einen Popel besonderer Güte.
„Nun hast du diese große Nase. Wo kommt die nur her? Na ja, es heißt ja, dass die Ohren und die Nase immer weiter wachsen, auch im Alter. Bei dir gab es wohl einen Schub … Du weißt es noch allzu gut, nicht wahr? Wie ich sie damals, als du klein warst, aus deiner süßen Stupsnase geknabbert habe. Ich habe immer eine kleine Pinzette benutzt und dir nie weh getan. “
Timmy lächelte:
„Doch, ein einziges Mal, aber das war meine eigene Schuld. Ich habe mit dem Kopf gezuckt.“
„Und nun diese Prachtstücke. Man sollte sie mal irgendwo ausstellen.“
„So etwas ähnliches habe ich auch vor, Ma. Aber so lange du dich weigerst, dir Internet zuzulegen, wird es dir verborgen bleiben.“
Seine Mutter zuckte mit den Schultern.
Der Lord sah ihr dabei zu, wie sie mit einem kleinen Silberlöffel den ausdrucksstarken Popel mit winzigen Bissen, um dem Genuss Raum zu geben, verzehrte.
Er wollte ihr ein paar Dollar zur Unterstützung geben, aber sie lehnte ab. Er könnte sie mit seinen Honoraren komplett finanzieren, aber sie war eine selbstständige stolze Frau, die sich über die Inhalte seiner Nase mehr freute als über die seiner Brieftasche.
In seinem alten Kinderzimmer schlief der Lord – Timmy – so gut wie lange nicht mehr, und zum ersten Mal seit seinem 14. Lebensjahr masturbierte er mal wieder in eine seiner getragenen Socken.

Er freue sich auf Denver, weil er dort ein paar Leute kannte und alte Zeiten aufleben lassen konnte. Aber zuerst musste der Job erledigt werden.


Nächster Teil Freitag, 21.03.2014 

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